Die durch den Angriff auf die Ukraine im Februar 2022 entstandene Energiekrise einerseits und die von der Bundesregierung verfolgten Klimaziele andererseits haben und werden weiterhin zu steigenden Preisen für fossile Energieträger wie Öl und Gas führen. Wärmepumpen als Wärmeerzeuger werden daher weiter an Bedeutung gewinnen und sich vermutlich zum neuen Standard im Wohnungsbau entwickeln. Denn anders als viele klassische Heizungen kommt die Wärmepumpe ohne Verbrennungsprozess und damit ohne direkten CO2-Ausstoß aus. Klimaschädliche Abgase entstehen nur bei der Stromerzeugung, die – so zumindest der politische Plan – mittelfristig vollständig regenerativ sein soll. Umso erstaunlicher ist, dass der Bundesgesetzgeber und die Landesgesetzgeber wichtige baurechtliche Fragen im Zusammenhang mit der Errichtung und dem Betrieb von Wärmepumpen bislang nicht befriedigend gelöst haben. Leidtragende sind die Bauherren, die aktuell deshalb gezwungen sind, rechtliche Risiken einzugehen.
1. Der richtige Standort für die Wärmepumpe:
1.1. Häufig werden Wärmepumpen in Vorgärten aufgestellt. In Gebieten mit Bebauungsplänen liegen Vorgartenflächen oftmals außerhalb der Baugrenzen oder jenseits von Baulinien, also in den nicht überbaubaren Grundstücksflächen. Die etwa in § 23 BauNVO oder den Bebauungsplänen selbst enthaltenen Regelungen zur Bebauung derartiger Flächen helfen nicht immer weiter. Dies gilt etwa in Großstädten wie München, wo in der Regel sog. übergeleitete Bebauungspläne nach § 173 Abs. 3 BBauG und § 233 Abs. 3 BauGB existieren und deshalb § 23 BauNVO keine Anwendung findet. In diesen Fällen können in derartigen nicht überbaubaren Flächen Wärmepumpen nur errichtet werden, wenn Befreiungen von den Festsetzungen des Bebauungsplanes erteilt werden. Die Stadt München aber lehnt dies in den beschriebenen Fällen grundsätzlich ab, da man derartige Anlagen nicht in Vorgärten wünscht.
Um hier Klarheit zu schaffen und nicht zusätzliche unnötige Abhängigkeiten der Bauherren von den Genehmigungsbehörden zu schaffen, sollte der Bundesgesetzgeber bald reagieren und eine Sonderregelung ins BauGB aufnehmen. Vergleichbare Sonderregelungen im Zusammenhang mit der politisch propagierten Energiewende wurden zuletzt auch mit den §§ 248 und 249 BauGB geschaffen.
Bis zu einer gesetzgeberischen Klarstellung sollten Bauherren darauf achten, dass in den Eingabeplänen und der Baubeschreibung bei Bauanträgen die Art der Wärmepumpe, ihre Merkmale und Ausmaße und vor allem auch ihr Standort sauber beschrieben sind. Sollen Wärmepumpen außerhalb der überbaubaren Grundstücksflächen errichtet werden, ist dem Bauantrag höchstvorsorglich auch ein Antrag auf Zulassung nach § 23 BauNVO oder Antrag auf Befreiung von den Festsetzungen eines Bebauungsplanes beizufügen.
1.2. Weiter ist fraglich, ob für freistehende Wärmepumpen die in den Bauordnungen enthaltenen Abstandsflächenvorschriften für bauliche Anlagen Anwendung finden oder nicht. Diese Frage ist oftmals entscheidend dafür, ob etwa in Vorgärten oder Grenznähe derartige Anlagen überhaupt aufgestellt werden können. Denn die Bauordnungen sehen häufig Mindestabstände von 3,0 m zur Grundstücksgrenze vor.
Die Beantwortung dieser Frage hängt davon ab, ob man freistehende Wärmepumpen als Anlagen mit gebäudegleicher Wirkung ansieht und/oder sie unter die in den Bauordnungen üblicherweise enthaltenen Regelungen für sog. grenzprivilegierte Anlagen (etwa Grenzgaragen) subsumiert. Zu beiden Punkten zeigt sich in der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung bislang noch kein klarer Trend.
a) Zur Frage, ob freistehende Wärmepumpen als bauliche Anlagen mit sog. gebäudegleicher Wirkung die bauordnungsrechtlichen Abstandsflächenvorschriften einhalten müssen, ist die Rechtsprechung uneinheitlich:
So hat etwa das VG Mainz im Verfahren 3 K 750/19 mit Urteil vom 30.09.2020 entschieden, dass eine freistehende Wärmepumpe (126 cm hoch, 80 cm breit und 37 cm tief) keine bauliche Anlage mit gebäudegleicher Wirkung i.S.d. § 8 Abs. 8 S. 1 LBauO darstellt und daher Abstandsflächen zur Grundstücksgrenze nicht einhalten muss. Zu dieser Einstufung gelangt auch das VG Hannover in seinem Urteil vom 14.10.2022, 12 A 2675/20. Auch das OLG München teilt diese Auffassung in seiner Entscheidung vom 11.04.2018, 3 U 3538/17.
Das VG Düsseldorf hat hingegen bereits mit Urteil vom 16.12.2015 im Verfahren 28 K 3757/14 entschieden, dass von Wärmepumpen wegen damit verbundener Geräusche Wirkungen wie von Gebäuden ausgehen und sie daher wegen ihrer gebäudegleichen Wirkung Abstandsflächen einhalten müssen. Diese Auffassung wurde auch vom VG Köln in einer Entscheidung vom 13.03.2020 im Verfahren 8 K 16093/17 vertreten. Auch das OLG Nürnberg spricht sich hierfür in seiner Entscheidung vom 30.01.2017 im Verfahren 14 U 2612/15, aus.
b) Unklar ist weiter, ob es sich bei freistehenden Wärmepumpen um bauliche Anlagen handelt, für die es in den Abstandsflächenvorschriften der Bundesländer Grenzprivilegierungen gibt.
So regelt etwa Art. 6 Abs. 7 Nr. 1 bis 3 BayBO welche baulichen Anlagen ohne Einhaltung von Abstandsflächen zu den Grenzen errichtet werden dürfen. Die abschließende Aufzählung umfasst allerdings ihrem eindeutigen Wortlaut nach keine freistehenden Wärmepumpen, so dass diese Regelungen nicht unmittelbar einschlägig sind. Zwar wurde die Regelung des Art. 6 Abs. 7 Nr. 1 BayBO bzw. ihre Vorgängerregelung vom VG München in einer Entscheidung vom 06.12.2016 im Verfahren M 1 K 16.3351 auf eine solche Wärmepumpe angewandt. Diese Ausführungen erfolgten jedoch ohne nähere Begründung und waren für die Entscheidung letztlich auch nicht tragend. Auch in der oben zitierten Entscheidung des OLG München vom 11.04.2018 wurde erwogen Art. 6 Abs. 7 Nr. 1 BayBO bzw. seine Vorgängerregelung entsprechend auf freistehende Wärmepumpen anzuwenden. Letztlich kam es in dieser Entscheidung hierauf jedoch ebenfalls nicht an. Das OLG Nürnberg hat hingegen eine Anwendung der Regelung des Art. 6 Abs. 7 Nr. 1 BayBO in seiner Entscheidung vom 30.01.2017 (14 U 2612/15) auf freistehende Wärmepumpen eindeutig abgelehnt.
c) Zusammenfassend kann daher festgehalten werden, dass aktuell nicht klar ist, ob freistehende Wärmepumpen die bauordnungsrechtlichen Mindestabstände einzuhalten haben oder nicht. Rechtsklarheit wird es hier erst geben, wenn die Landesgesetzgeber tätig geworden sind oder sich in der Rechtsprechung ein klarer Trend herausgebildet hat.
Bis dahin sollten Bauherren bei der Bauantragstellung darauf achten, dass in den Eingabeplänen und der Baubeschreibung die Art der Wärmepumpe, ihre technischen Merkmale und vor allem Standort und Abmessungen sauber beschrieben sind. Sofern die bauordnungsrechtlichen Mindestabstände unterschritten werden müssen, sollte höchstvorsorglich ein Antrag auf Erteilung einer Abweichung von den bauordnungsrechtlichen Abstandsflächenvorschriften gestellt und begründet werden. Bei Vorhaben, die ohne Bauantragstellung, also etwa im sog. Genehmigungsfreistellungsverfahren errichtet werden, sollte höchstvorsorglich parallel dazu ein Antrag auf isolierte Abweichung von den bauordnungsrechtlichen Abstandsflächenvorschriften gestellt und begründet werden.
2. Entstehung schädlicher Umwelteinwirkungen durch Wärmepumpen
Ebenfalls wichtig im Zusammenhang mit der Errichtung von Wärmepumpen ist, ob ihr Betrieb zur Entstehung schädlicher Umwelteinwirkungen durch Lärm an den nächstgelegenen Immissionsorten, etwa den Fenstern von Wohn- und Schlafzimmern in der Nachbarschaft führt. Dies ist zwingend zu vermeiden, da derartige Anlagen dann entweder nicht genehmigt werden oder – in der Regel noch schlimmer – ihr Betrieb nach Errichtung auf Drängen der Behörden und/oder der Nachbarn eingestellt werden muss. Zuletzt häufen sich hier auf Ebene der Bauaufsichtsbehörden die Beschwerden gegen als zu laut empfundene Wärmepumpen in der Nachbarschaft.
Besondere Brisanz kommt diesen Thema deshalb zu, weil sich in der Rechtsprechung abzeichnet, dass die von Wärmepumpen ausgehenden Geräusche dem Anwendungsbereich der Technischen Anleitung Lärm (TA-Lärm) unterfallen und es dabei – anders als etwa bei den von notwendigen Garagen und Stellplätzen ausgehenden Lärm – keine Ausnahmen wegen Sozialadäquanz oder Ortsüblichkeit gibt (vgl. dazu etwa VGH Mannheim, Beschl. v. 30.01.2019, 5 S 1913/18). In der Folge fordert die verwaltungsgerichtliche Rechtsprechung bei Wärmepumpen, die in einer kritischen Nähe zur Nachbarschaft aufgestellt werden, aus Gründen der Bestimmtheit für die nachbarschützenden Belange die Aufnahme von Immissionsschutzauflagen in die Baugenehmigung. Dabei werden insbesondere sog. zielorientierte Festlegungen des Lärmschutzes in Form von Beurteilungspegeln, die nicht überschritten werden dürfen, verlangt (vgl. dazu etwa VGH Mannheim aaO.; VG Würzburg Beschl. v. 25.09.2020, W 5 S 20.1135). Fehlen derartige Nebenbestimmungen in einer Baugenehmigung, kann diese aufgrund einer vom Nachbarn erhobenen Anfechtungsklage aufgehoben werden. In Fällen bereits errichteter Wärmepumpen oder wenn diese nachträglich – etwa im Zuge einer Modernisierung – ohne vorherige Erlangung einer Baugenehmigung aufgestellt wurden, drohen (auf Drängen der Nachbarn ergangene) behördliche Nutzungsuntersagungen oder Nutzungseinschränkungen. Dies gilt zumindest in denen Fällen, in denen eine kritische Nähe der Wärmepumpe zur Nachbarschaft besteht. Anhaltspunkte dafür, wann das der Fall ist, gibt ein Merkblatt des Bayerischen Landesamts für Umwelt (LfU), das bestimmte Mindestabstände in Abhängigkeit des Schalleistungspegels der Wärmepumpe und der Schutzwürdigkeit des Gebiets gibt. Bei einem als Stand der Technik zu bezeichnenden Schalleistungspegel von 50 dB(A) ergibt sich dabei etwa in einem reinen Wohngebiet nach § 3 BauNVO ein Mindestabstand von 13 m. Gerade in dicht besiedelten Ballungsräumen können diese Mindestabstände aber häufig nicht eingehalten werden. Zur Minimierung rechtlicher Risiken sind Bauherren in derartigen Umgebungen gut beraten, möglichst hochwertige und leise Modelle zu installieren oder über die Unterbringung im Gebäude oder eine Einhausung nachzudenken. Auch eine Nachtschaltung oder ein Nachtmodus sollte vorhanden sein, da in der Nachtzeit (22 Uhr bis 6 Uhr) die Immissionsrichtwerte der TA-Lärm deutlich niedriger als zur Tageszeit sind. In scheinbar kritischen Fällen sollte ein geeignetes Lärmschutzbüro bereits bei der Eingabeplanung für den Bauantrag beigezogen werden, um den optimalen Standort und Anlagentyp auszuwählen.
Zu sämtlichen rechtlichen Fragen rund um die Errichtung von Wärmepumpen stehen wir Ihnen gerne zur Verfügung.
Rechtsanwalt Dr. Patrick Bühring
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